Dienstag, 20. Januar 2015

Die Lügen eines Kindes

Die meisten Erwachsenen denken im Alter oft an ihre Kindheit zurück. Auch ich bin da keine Ausnahme, doch lösen diese Erinnerungen weniger Freude als ein Gefühl der Trauer in mir aus. Nicht, dass ich eine schreckliche Kindheit hatte, nein viel mehr das was im Vergleich zu damals aus mir geworden ist, lässt mich bewusst werden wie sehr ich mich doch verändert habe. Das Erwachsenwerden lässt dich die Wahrheit erkennen und am Ende stellt sich die Frage, ob du diese anerkennen willst oder nicht. Als Kind steht man noch nicht vor dieser Entscheidung.    Ich erinnere mich noch sehr gut an die Grundschulzeit. Sehr beliebt bin ich damals zwar nicht gewesen, doch meine beiden besten Freunde Sven und Felix gaben mir das Gefühl nicht allein zu sein. Wir verbrachten praktisch jeden Nachmittag miteinander und hatten immer die verrücktesten Ideen und Pläne die es in die Tat umzusetzen galt. Die Nachbarskatze grün anmalen, Reiszwecken auf den Stuhl des Lehrers legen, das meiste davon würde man heute als dumme Jungenstreiche abtun, aber wir hatten unseren Spaß und das ist worauf es letztlich ankommt. Wir hatten sogar unsere eigene kleine Höhle in der wir uns verstecken konnten, wenn unsere Eltern auf der Suche nach uns waren, um uns mal wieder eine Moralpredigt zu halten. Wenn es dann doch irgendwann daran lag nach Hause zu kommen, hat jeder wie ein Grab geschwiegen und keiner hat den anderen verpfiffen. 

Doch auch in den besten Freundschaften gibt es Streit und da wir drei uns in einem ständigen Konkurrenzkampf sahen galt es zu beweisen wer von und der Beste war. Wer konnte sich die fiesesten Streiche ausdenken, wer war am besten darin den Lehrer zur Weißglut zu treiben, wer konnte am schnellsten laufen, in so gut wie allem sahen wir eine Herausforderung in der wir uns vergleichen konnten. Folglich begannen wir einander Mutproben zu stellen, um herauszufinden wer von uns der Willensstärkste war. Jetzt wo ich daran denke will ich mich gar nicht daran erinnern wie viele Regenwürmer wir zu uns genommen haben und wie Brennnesselbete wir Bein-frei durchquert haben. Auch wenn die Mutproben mit der Zeit immer härter wurden, verloren wir dennoch niemals den Spaß am Ganzen. Als es Felix dann letzten Endes schaffte eine ganze Nacht allein in einem kalten tiefen Erdloch zu verbringen und sich keiner von uns traute es ihm nachzumachen, stand der Sieger von dreien fest. Lange konnte er sich auf seinen Lorbeeren jedoch nicht ausruhen, denn wenige Wochen später kam es zu jenem schicksalhaften Tag an dem sich unsere Wege trennen sollten. Felix zog mit seinen Eltern in eine andere Stadt und da ohne ihn das Trio nicht mehr vollständig war, verbrachten auch Svenund ich kaum noch Zeit miteinander. Bald darauf endete die Grundschule und ein neues Kapitel meines Lebens begann. Ich lernte neue Freunde kennen und die Zeit mit Sven und Felix verblasste nach und nach zu einer schönen Erinnerung. Erinnerungen die mir zeigen das selbst ein verbitterter alter Mann wie ich einmal ein Kind war.   

 Dies ist die Version der Geschichte, die ich mir mein ganzes Lebens als meine ganz kleine persönliche Wahrheit einzureden versuche. Doch Manchmal braucht es nicht viel und ein Gefühl verfolgt dich den Rest deines Lebens und das was wirklich passiert ist, lässt sich nicht einfach so vergessen.  Das Erwachsen werden lässt dich der Wahrheit bewusst werden und Regen wird selbst in der tiefsten Nacht niemals deine Schuld begraben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen