Donnerstag, 14. August 2014

Das Bild seiner Tochter

Einst lebte ein Mann namens Jack mit seiner Familie in einem kleinen Dorf in Rhode Island. Da er nur ein einfacher Postbeamter war, konnte er seiner Familie nur ein bescheidenes Leben bieten. Und dennoch war Jack ein sehr glücklicher Mann, was hauptsächlich an seiner größten Freude, seiner kleinen Tochter Amelie lag. Dieses kleine fünfjährige Mädchen schaffte es jeden Tag Freude und Leben in das triste Dasein ihrer Eltern zu bringen. Auch wenn es in der Gegend kaum andere Kinder gab, war sie ein sehr fröhliches Mädchen, welches immer ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht trug. Nach jedem schweren Arbeitstag ließ es sich Jack nicht nehmen noch etwas Zeit mit seiner Tochter zu verbringen. Jedes Lächeln von Amelie erwärmte Jacks Herz und jedes Lachen ließ ihn seine müden Knochen für eine Sekunde vergessen.

Eines Abends als Jack von der Arbeit kam, rannte ihm seine Tochter fröhlich mit einen Stück Papier entgegen. Sie hatte ihm ein Bild gemalt, welches die ganze Familie vor ihrem Haus darstellte. Über ihren fröhlichen Gesichtern hatte sie in krakeligen Großbuchstaben Mama, Papa und Amelie geschrieben. In der oberen Ecke befand sich die Sonne, welche ebenfalls ein fröhliches Gesicht hatte. Zusätzlich hatte sie den Hintergrund mit vielen Herzen und Sternchen verziert. Jack war es egal, dass das Bild an sehr vielen Stellen unsauber gemalt war. Es erfüllte ihn viel mehr mit Freude, dass seine Tochter sich so viel Mühe für ihn gemacht hatte, und somit bekam das Bild einen Ehrenplatz an der Haustür, damit jeder sehen konnte wer in diesem Haus lebte. Nun konnte Jack sich jedes Mal wenn er von der Arbeit kam über das Bild seiner Tochter freuen. Doch eines Tages war etwas anders. Jack kam nach Hause und als er auf das Bild sah erschrak er. Irgendjemand hatte mit schwarzem Stift ein Wesen auf das Papier gezeichnet. Diese Kreatur sah einem Menschen zwar recht ähnlich, doch sein dämonisches Lächeln lies es alle Menschlichkeit verlieren. Seltsamerweise war dieses Monster hinter der Familie und war nicht darüber gezeichnet so, dass es so aussah als solle dieses Monster ein Teil von ihr sein. Jack wusste sofort, dass eine fremde Person dieses Ding gezeichnet haben musste. Amelie wäre nie in der Lage gewesen etwas so grässliches zu zeichnen, geschweige denn das es in ihrer Natur gelegen hätte. Aus Angst, dass das Bild Amelie verstören könnte, zerriss er es und erzählte ihr der Wind hätte es von der Haustür geweht.
 Als Jack abends im Bett lag musste er noch lange über das was mit Bild geschehen war nachdenken. Auch wenn er es nur für einen geschmacklosen Scherz eines Jugendliches hielt, lies ihn der Blick dieser Kreatur nicht los. Doch ahnte er nicht, dass er ihn schon allzu bald wiedersehen sollte, denn als Jack am nächsten Tag von der Arbeit kam, sah er Amelie Zeichnung unversehrt an der Haustür hängen.
Das war unmöglich, er hatte das Bild doch mit seinen eigenen Händen zerrissen. Verstört überprüfte er ob sich bei dem Bild um eine Kopie des zerrissenen Originals handelte. Jack lief beim näheren Betrachten ein Schauer den Rücken hinunter. Das was er dort in den Händen hielt war tatsächlich das Bild was seine Tochter einst für ihn mit so liebevollen Absichten gezeichnet hatte . Er zerriss das Bild erneut und wieder erzählte er Amelie nicht ein einziges Wort.
Lange Zeit spielte er mit dem Gedanken ob er seiner Frau erzählen sollte was geschehen war. Doch sie war eine sehr abergläubische Frau und die Wahrheit hätte sie in Panik versetzt und Jack war schon seinen einengen Sorgen nicht gewachsen.

Wie er es vermutet hatte hing das Bild am nächsten Morgen wieder an der Haustür. Jack versteckte das Bild in seinem Nachschrank doch auch das konnte nicht verhindern dass das es am nächsten Abend an der Haustür hing, genauso wie sich die zerrissenen Teile nicht aufhalten ließen sich erneut an der Haustür zusammenzusetzen. Die Polizei nahm seine Aussagen nicht ernst und gingen vielmehr der Vermutung nach die Auch Jack zuerst aufgestellt hatte. "Beruhigen sie sich! Irgendjemand wird sich da einfach einen Ganz schlechten Spaß mit ihnen erlaubt haben ." , sagte einmal ein Polizist zu ihm. Jack versuchte mit diesen Ereignissen zu leben und riss routiniert jeden Abend das Bild von der Haustür. Dennoch spürte jedes Mal wie ihn dieses Wesen förmlich anstarrte. Seine Familie bemerkte sehr schnell das Jack etwas belastete. Amelie machte sich Sorgen um ihren Vater und es machte ihn fertig, dass er ihr nicht erklären konnte was ihn so bedrückte. Er hatte sich tausende mal vorgestellt es ihr zu erklären doch sie würde es nicht verstehen, und am Ende würde sie seine Verzweiflung vielleicht sogar anstecken.
Monate vergingen und allmählich schaffte es Jack das Bild aus seinem Kopf auszublenden. Als er dachte er hätte seine Angst vor dem Bild endlich überwunden, entdeckte er eines Abends eine kleine Änderung am diesem. Es war nur eine kleine Änderung, doch eine welche eine große Bedeutung haben sollte. Dort wo normalerweise Amelie war nur noch ein schwarzer Fleck. Panisch stürmte er ins Haus und fragte seine Frau wo Amelie sei. Verwundert entgegnete sie, dass sie noch
draußen spielen sei, doch als er sie zu suchen begann konnte er sie nicht finden. Amelie war verschwunden. Jacks einzige Tochter, sein ganzer Stolz war einfach verschwunden. Monatelang suchte die Polizei und die ganze Stadt nach ihr, doch keiner fand eine Spur oder einen noch so kleinen Hinweis. Da es nun nichts mehr gab was Jack und seiner Frau Halt im Leben gab, verfielen beide in eine schwere Depression. Jack wurde bei der Post gefeuert und verfiel dem Alkohol. Als seine Frau ihn verlies verschwand  ironischer Weise auch sie von Amelies Bild. Ohne Jack zu fragen nahm sie alle Sachen mit die die Beiden an Amelie erinnerten . Alle bis auf eine.

Jack war allein und alles was ihm von seiner geliebten Tochter geblieben war, war dieses Bild mit dieser abscheulichen Kreatur. Dieses Monster hatte sein gesamtes Leben zerstört und sogar jetzt als es ihm alles genommen hatte, hörte es nicht auf ihn anzulächeln. Selbst in seinen Träumen konnte Jack dem abscheulichen Blick des Monster nicht entkommen. Erneut versuchte er die Zeichnung zu zerstören oder wenigsten die Kreatur zu entfernen, doch es half nichts. Mit jedem Versuch die Zeichnung zu zerstören zerstörte er sich selbst und sein Abbild auf Bild ein Stückchen mit. Jack war ein gebrochener Mann ohne Hoffnung der Stück für Stück seine Menschlichkeit verlor. Er war an dem Punkt gelangt an dem er selbst nicht mehr wusste, ob er nun tot oder lebendig war. Letztlich konnte er sich selbst nicht mehr von dem Wesen in schwarz unterscheiden und von daher wusste er auch nicht wer letztlich von beiden auf dem Bild verschwand. War dieses Wesen endlich aus seinem Leben verschwunden, war er selbst gestorben oder waren er und dieses Wesen vielleicht sogar Eins geworden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit verlies Jack das Haus. Ziellos streifte er wie ein Geist durch die Gegend bis er letzten Endes an einem Haus ankam. An der Tür hing ein von einem Kind gemaltes Bild. Ähnlich wie bei Amelies Bild war dort eine Familie abgebildet. Ihre fröhlichen Gesichter schenkten Jacks Herz etwas Wärme und er fing an sich mit einem schwarzen Stift auf dem Bild zu verewigen. Das erste Mal seit langer Zeit machte sich auf Jacks Gesicht ein Lächeln breit, denn er wusste, dass er nun endlich eine neue Familie gefunden hatte.

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