Samstag, 11. Oktober 2014

Es ging nicht anders

 Was ein einzelner Strich, der ein Minus zu einem Plus ergänz, in einem Menschen nicht alles bewirken kann. Dies war Biancas erster Gedanke, als ihr der Schwangerschaftstest die schreckliche Wahrheit offenbarte. Weder sie, noch ihr Freund hatten geplant ein Baby zu bekommen. Anfangs war sie noch gegen eine Abtreibung, doch lies ihre derzeitige Situation nicht zu diesen Gedanken komplett außer Acht zu lassen. Bianca befand sich im vorletzten Semester ihres Jurastudiums und sie wusste genau, dass sie dem Stress der Abschlussprüfung und dem eines Kind nicht gewachsen war. Auch die Drohung ihres kinderhassenden Freundes, dass er sie verlassen würde, bekäme sie das Kind, zwangen sie eine Abtreibung näher in Betracht zu ziehen. Nach dem Tod ihrer Eltern war sie auf ihn angewiesen. Er zahlte die Studiengebühren, er gab ihr Unterkunft und er versorgte sie. Nur noch ein Jahr, dann wäre sie endlich unabhängig. Dann wäre sie bereit die Verantwortung für ein Kind zu tragen, nur einfach noch nicht jetzt. Sie wusste, dass ihre gesamte Zukunft auf dem Spiel stand und so zwang sie ihre Situation letztlich eine Entscheidung zu treffen. Immer wieder redete sie sich ein, dass es nicht anders ginge, und dass das Alles nicht ihre Schuld sei. Unwissend ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, ging sie letztlich zum Arzt, um alles nötige in die Wege zu leiten.  

Nach nur zwei Wochen Wartezeit war es dann so weit. Bianca machte sich auf dem Weg zum Krankenhaus, doch wusste sie nicht welche schicksalhafte Wendung sie dort erwarten sollte. Grade als der Arzt die letzten Untersuchungen vornahm stockte er. "Soll das ein schlechter Scherz sein? Warum schickt man mir eine Frau, welche erst vor kurzen ihre Tage hatte .", gab der Arzt in einem wütenden Ton von sich. Bianca war noch sehr viel verwunderter als der Arzt.  Wie war das möglich, sie hatte sich von ihrem Frauenarzt mehrmals ihre Schwangerschaft bestätigen lassen. Und dennoch ließen selbst weitere Untersuchungen keinen Zweifel zu, dass Bianca noch nie in ihrem Leben schwanger war. Auch wenn die Ärzte das alles weniger für biologisches Phänomen, sondern eher für einen Fehler seitens Biancas Frauenärztin hielten, war sie sich selbst sicher, dass es Etwas geschehen war was ihr Verstand nicht begreifen konnte.   

Auf dem Heimweg konnte sie keinen klaren Gedanken fassen.  Nicht als sie den Zettel in ihrer Hosentasche bemerkte und auch nicht als ihr Auto an der Kreuzung von einem LKW erfasst wurde. Da lag sie nun, mit schweren Verletzungen und mit Tränen besetzten Augen in ihrem brennen Auto. Die verbogene Seitentür hatte sich tief in ihren Bauch gedrückt und bot ihr keine Möglichkeit sich zu befreien. Sie verzweifelte, als sie ihr Blut in Strömen über den Asphalt laufen sah. Warum passierte das alles ? Ihr Atem stocke, als ihr die schreckliche Wahrheit bewusst wurde . Nicht ihr Kind sollte an diesem Tag sterben sondern sie. Mit letzter Kraft und blutigen Fingern öffnete sie den Zettel, den sie noch immer mit ihrer Hand umklammerte. Auf diesem waren zwei Dinge zu erkennen. Ein lächelnder Smiley und ein rotgezeichneter Satz in kindlicher Handschrift. Auch wenn es nur ein einziger Satz war, lies er Bianca das Blut in den Adern gefrieren.   Er lautete: "Es tut mir leid, aber es ging nicht anders "

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